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Patellaluxation beim Hund

Aktualisiert: 9. Mai 2022


Was passiert bei einer Patellaluxation und wie kann deinem Hund geholfen werden? Um mehr darüber zu erfahren, lies diesen Blog:


Was genau ist die Patella und welche Funktionen hat sie?

Die Patella ist die Kniescheibe und bildet zusammen mit dem Femur (Oberschenkelknochen), der Tibia (Schienbein), der Fibula (Wadenbein) und den Ossa sesamoidea (Sesambeine) die knöcherne Struktur des Kniegelenks (Bild 1), unterstützt in der Bewegung und Führung durch die Muskleln, Sehnen, Bänder und 2 Menisken.

Die Kniescheibe liegt in einer Führrinne/Furche (Sulcus trochlearis) des Oberschenkelknochens und gleitet beim Strecken und Beugen des Kniegelenks auf und ab. Sie ist in die Endsehne des Kniegelenksmuskels (Kniestrecker= M. quadriceps femoris) eingelagert und dient zur Verstärkung des Muskels und zum Schutz der Sehne. Die Patella ist das grösste Sesambein beim Hund wie auch beim Menschen.


Eine Luxation (von lat. luxare „verrenken“; englisch: dislocation) ist also eine Verrenkung oder Ausrenkung. Es bedeutet, dass sich die Kniescheibe seitlich (lateral) oder zur Mitte (medial) hin aus der Rinne heraus verschiebt. Meistens luxiert die Kniescheibe medial (Bild 2, Frontalansicht), selten auch lateral (eher bei grossen Hunden). Dies kann zeitweilig geschehen oder dauerhaft sein, je nachdem wird die Patellaluxation in Grade aufgeteilt, mehr dazu weiter unten.

Die Folgen einer unbehandelten Luxation sind Reizungen, Schmerzen, Knorpelschäden und es kann zu einem Kreuzbandriss führen, langfristig zu Arthrose.


Was sind die Ursachen für eine Patellaluxation?

Meistens sind kleine, junge Hunde betroffen. Die Patellaluxation kann aber auch bei älteren Hunden (Verschleisserscheinung) und grösseren Hunden vorkommen. Es ist eine sehr häufige Kniegelenkserkrankung beim Hund.


Verschiedene Gründe können zu einer Patellaluxation führen:

  • genetische Veranlagung

  • Fehlentwicklungen in der Wachstumsphase: Eine zu flache Führrinne aus der die Kniescheibe leicht herausrutscht, zu grosse oder zu kleine Kniescheiben

  • Achsenfehlstellungen der Hinterläufe wie z.B. Varus- (Obeine) oder Valgustellung (XBeine)

  • Unfälle und Verletzungen

  • Schwache oder geschädigte bindegewebige Strukturen (Bänder, Sehnen) und Muskelatrophie --> zu wenig Halt

  • Übergewicht kann eine Patellaluxation begünstigen

  • Ernähungsmangel im ersten Lebensjahr kann zu Wachstumsstörungen führen


Vererbung spielt auch hier eine wichtige Rolle und so sind vor allem kleine Zwergrassen betroffen wie z. B.:

· Pekingesen

· Malteser

· Bolonka

· Chihuahua

· Bulldoggen

· Pinscher

· Yorkshire Terrier

· Zwergpudel


Auch einige große Hunderassen haben eine Prädisposition (erbliche Veranlagung), wie z. B.

· Chow-Chow

· Cockerspaniel

· Neufundländer

· Flat Coated Retriever

· Appenzeller


Hunde mit einer erblich bedingten Patellaluxation (Grad 2-4) dürfen nicht zur Zucht zugelassen werden. Auch sollten zukünftige Hundebesitzer beim Züchter einen Nachweis verlangen, der bestätigt, dass die Zuchteltern Patellaluxations frei (PL 0/0) sind.



Wie erkenne ich eine Patellaluxation bei meinem Hund?

Achte auf folgendes Verhalten, es könnten Hinweise auf eine Patellaluxation sein:

  • Er hat den typischen hüpfenden Gang und läuft immer wieder auf 3 Beinen, hierbei zieht er ein Hinterbein in die Höhe und setzt es 1mal oder mehrmals nicht mehr ab, (entlastet es komplett) und läuft dann wieder normal weiter. Deshalb und weil die Hunde es meistens schon seit Welpenalter haben, erkennen die Besitzer es oft nicht als ¨Problem¨.

  • Er lahmt zeitweise mit dem betroffenen Hinterbein.

  • Er entlastet die betroffene Hintergliedmasse.

  • Er zeigt Schmerzen beim Auftreten.

  • Er zeigt Abwehrreaktionen und Schmerzen bei der Knieberührung.

  • Das Kniegelenk ist geschwollen und erwärmt.



Wie wird die Patellaluxation diagnostiziert?

Wenn du vermutest, dass es sich um eine Patellaluxation handeln könnte, solltest du unbedingt einen Tierarzt aufsuchen.

Der Tierarzt untersucht das Kniegelenk und fertigt ein Röntgenbild an. So sieht er, ob eine akute Luxation besteht und ob es sonstige Fehlstellungen im Kniegelenk gibt.

Je nachdem ob und wie leicht sich die Kniescheibe aus der Rinne bewegt und zurückbewegen lässt, wird der Tierarzt den Grad der Luxation bestimmen:


Grad 1: Die Kniescheibe kann luxiert werden, springt aber spontan zurück

Grad 2: Die Kniescheibe kann luxiert werden und springt durch beugen oder strecken des Kniegelenks zurück.

Grad 3: Die Kniescheibe ist luxiert und kann nur manuell reponiert (zurückgesetzt) werden. Die Luxation tritt aber immer wieder auf.

Grad 4: die Kniescheibe ist dauerhaft luxiert und lässt sich nicht mehr reponieren.


Je nach Schweregrad richtet sich dann die Behandlung. Bei Hunden mit einer Patellaluxation Grad 1 führt es selten zu Problemen und sie kann konservativ behandelt werden. Grad 2 ist ein Grenzfall und muss individuell angeschaut werden. Grad 3 und 4 werden fast immer operativ behandelt, da Schmerzen, Bewegungsunlust und weitere Beschwerden die Lebensqualität des Hundes zu sehr belasten.



Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Eine Patellaluxation Grad 1 und 2 können konservativ (ohne OP) behandelt werden.

Die Kräftigung der Muskulatur steht im Vordergrund. Mit Physiotherapie werden die Muskeln trainiert und gezielt aufgebaut. Nach einem erfolgreichen Muskelaufbau kann die Kniescheibe durch den richtigen Muskelzug an ihrem Platz gehalten werden. Zur Unterstützung kann zeitweise mit einer individuell angepassten Kniebandage mit Schiene oder einer Knieorthese gearbeitet werden. Der korrekte Sitz sollte vom Tierarzt oder Therapeuten regelmässig kontrolliert werden.


Patellaluxationen Grad 3 und 4 (je nachdem auch Grad 2) werden zur Operation empfohlen.

Es gibt ganz verschiedene OP-Möglichkeiten und je nach Ursache, Zustand (Röntgendiagnostik), Schmerzen, Alter und bereits vorhandenen Schädigungen, wird entschieden, welche Technik oder Techniken angewendet werden. Häufige Operationstechniken sind:

- Eine Vertiefung der Führrinne/Kniescheibenrolle: Trochleavertiefung

- einer Versetzung und Fixation des Ansatzpunkts des geraden Kniescheibenbands. So kann der Halt der Kniescheibe in seiner Führungsrinne verbessert werden. Hat man eine Kniescheibenverlagerung zur Mitte, so versetzt man den Ansatz nach aussen und umgekehrt.

- die Straffung der Weichteilstrukturen (Faszien-, Gelenkkapselraffung ), um das Gelenk zu stabilisieren. Diese können ¨ausgeleiert ¨sein.

- Eine operative Begradigung des Ober- und Unterschenkels, damit sich die Kniescheibe wieder in der vorgesehenen Richtung in ihrer Rinne bewegt. Ist die Kniescheibenverlagerung eine Folge eines nicht gerade gewachsenen Oberschenkels und Unterschenkels, führt dies zu einer Veränderung der Zugrichtung des Oberschenkelmuskels mit direkten Auswirkungen auf die Bewegungsrichtung der Kniescheibe.

- Seit kurzem gibt es eine neue Entwicklung: ein Swiss Patella Plate, SPP®. Hier wird eine Einschlagplatte (anstelle der Zuggurtung mit Metallstiften und Draht) montiert.


Der Idealverlauf nach einer OP resp. dem Heilungsprozess sollte zu einem schmerzfreien Laufen führen. Wichtig sind hierbei die Schonung in den ersten Wochen durch den Hundebesitzer und die Nachsorge durch den Tierarzt und Therapeuten. Für 6 Wochen gilt Schonung und Leinenzwang für den Hund, danach kann die Beweglichkeit langsam aufgebaut werden. Ein Kontrollröntgen sollte vier bis sechs Wochen nach der Operation angefertigt werden, um den Sitz der Implantate zu prüfen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen.



Was kann ich als HundebesitzerIn tun?

Nach einer Operation solltest du folgendes beachten:

  1. halte dich unbedingt an die Schonung und Leinenpflicht in den ersten 6 Wochen

  2. gehe regelmässig an der kurzen Leine mit ihm spazieren (nach den zeitlichen Vorgaben des Tierarztes)

  3. lass deinen Hund nicht spielen, weder alleine noch mit anderen Hunden

  4. achte darauf, dass er auch zu Hause nicht springt, weder aufs Sofa, Bett noch die Treppen etc.

  5. achte auf sein Gewicht und reduziere es zwingend falls nötig

  6. gib ihm Nahrungsergänzungsmitteln die den Knorpel der Gelenke stärken und den Heilungsverlauf unterstützen, wie z.B. Weidenrinde und Teufelskralle, Grünlippmuschel, MSM (Methylsulfonylmethan) etc.

  7. glatte Böden kannst du durch nicht rutschende Teppiche ¨entschärfen¨

  8. informiere dich am besten schon vor der Operation bei einer Hundephysiotherapeutin damit du weisst, ab wann und wie du deinen Hund am besten unterstützen kannst



Wie hilft die Physiotherapie deinem Hund?

Bei einer Patellaluxation Grad 1 und Grad 2 kann durch gezielte Übungen die betroffene Kniemuskulatur so gekräftigt werden, dass sie ein luxieren der Kniescheibe vermindert resp. verhindert. Eine richtige Belastung aller Gliedmassen ist eine Voraussetzung dafür.

Deshalb achte ich als Physiotherapeutin auf die Wirbelsäule, sie sollte ¨im Lot¨ sein und es sollten keine grösseren Verspannungen vorhanden sein. Diese werden allenfalls vorgängig mit Dorntherapie und Massagetechniken behandelt. Auch das Becken und die Hüftgelenke schaue ich genauer an. Denn es sollten (z.B. durch Fehlbelastungen) möglichst keine unerwünschten Mehrbelastungen auf das betroffene Kniegelenk fallen. Wichtig ist auch hier ein ganzheitliches betrachten des Hundes und seines Bewegungsapparates.


Wenn das Knie operiert wurde, bei Grad 3 oder 4, sollte es in den ersten Wochen zwar geschont werden, es kann aber trotzdem schon bald (nach dem Fädenziehen) mit einer schonenden Physiotherapie begonnen werden:

  • Zur Schmerzlinderung und Abschwellung des operierten Kniegelenks arbeite ich zuerst mit Thermo- und Lasertherapie/IFR. Durch die Lasertherapie oder die IFR Elektrotherapie (Bild) wird zudem der Heilungsprozess angeregt.

  • Mit sanften passiven Bewegungen (ROM-Übungen) arbeite ich an der Erhaltung der Gelenksfunktion.

  • Mit Massagen löse ich Verspannungen die durch Schon- und Fehlhaltungen entstanden sind.

  • Erst später werde ich anhand aktiver Bewegung, Stabilisierungsübungen, Propriozeptionsübungen und Gerätetherapie/Laufband die Muskulatur deines Hundes gezielt aufbauen und stärken.



Mein Fokus liegt auf der gleichmässigen Belastung aller Gliedmassen und dem beidseitigen Muskelaufbau der Hinterhand. Denn so vermeiden wir Fehlbelastungen und beugen weiteren Problemen vor.


Melde Dich am besten bei mir, wenn Du Fragen hast oder an einer Therapie interessiert bist.


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